Die Veranstaltung „Neue Heimat Nettetal – Wie Migration unsere Stadt bereichert – z. B. im Gesundheitswesen“ der Grünen Nettetal war ein voller Erfolg. Rund 60 Gäste erlebten am Freitagabend in der Kaldenkirchener Gaststätte „Zur Mühle“ einen Abend mit persönlichen Geschichten, klaren politischen Aussagen – und einer Botschaft, die Mut macht: Migration ist keine Bedrohung, sondern eine Bereicherung.
Bürgermeister Christian Küsters eröffnete den Abend mit einem Überblick zur aktuellen Lage: In Nettetal leben derzeit rund 1.800 geflüchtete Menschen. Er betonte, dass Integration gelingen kann, wenn Politik und Gesellschaft zusammenarbeiten – und wenn die Bereitschaft zu Offenheit und Miteinander da ist.
Die Bundestagsabgeordnete a.D. Canan Bayram erinnerte daran, dass Deutschland sich seit den 1960er Jahren tiefgreifend verändert, hat: „Wir sind längst ein Einwanderungsland – mit millionenfach gelungener Integration.“ Doch sie kritisierte auch die Kluft zwischen politischen Regeln und der gelebten Praxis: „Die Verwaltung braucht Digitalisierung und mehr Tempo.“
Ein zentraler Punkt des Abends: Der Zugang zu Sprache, Arbeit und Anerkennung von Abschlüssen. Viele Geflüchtete warten monatelang auf Sprachkurse oder Arbeitserlaubnisse – obwohl sie dringend gebraucht werden. Meral Thoms, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen im NRW-Landtag, betonte: „Unser Gesundheitssystem funktioniert nicht ohne Menschen mit Migrationshintergrund – 25 Prozent aller Beschäftigten dort haben internationale Wurzeln.“ Gleichzeitig berichtete sie von Alltagsrassismus und forderte mehr Offenheit: „Vielfalt ist keine Bedrohung. Wir brauchen ein Klima, in dem alle willkommen sind. Ein offenes Herz, einen offenen Geist und Neugier“
Vor allem die persönlichen Geschichten bewegten:
Dr. Olena Chernieva, geflüchtet aus der Ukraine, berichteten von ihrer Flucht mit Kriegsbeginn. Sie arbeitet heute erfolgreich als Ingenieurin beim NetteBetrieb und hat mit ihrer Familie eine neue Heimat gefunden. „Wir haben uns in Nettetal verliebt“, sagte sie – sprach aber auch offen über die Hürden beim Spracherwerb und den schwierigen Start.
Amine Nebere erzählte eindrucksvoll von seiner langen Flucht aus Eritrea, der dortigen Unterdrückung aber auch von der Hoffnung auf ein Leben in Frieden, Freiheit und Sicherheit in Deutschland.
Anestis Ioannidis von der Nettetaler Hilfsorganisation Human Plus e.V. zeigte auf, wie lokale Hilfe konkret wirkt – etwa durch Sprachförderung an Schulen. Voller Stolz berichtete er, dass die ersten Grundschüler durch die Unterstützung seiner Organisation eine Gymnasial- oder Realschulempfehlung bekommen haben.
Ein weiterer wichtiger Aspekt: die psychische Gesundheit Geflüchteter. Viele bringen traumatische Erfahrungen mit. Zwar gibt es psychosoziale Angebote – aber oft fehlen Dolmetscher und muttersprachliche Therapeut*innen.
Zum Abschluss wurde auch das Publikum einbezogen. Angela Müllers, ehrenamtlich in Nettetal engagiert, sprach bewegend über ihre Arbeit und forderte: „Wir müssen Begegnungen schaffen. Nur so entsteht Verständnis.“
Ein Abend, der deutlich machte: Integration braucht mehr als Worte. Sie braucht politische Lösungen – und den Mut, zuzuhören, aufeinander zuzugehen und sich gegen Hetze zu stellen. Oder wie Christian Küsters es formulierte: „Schluss mit Schubladendenken.“