Rede zum Haushalt 2024

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrte Damen und Herren!

Zwei Zahlen gilt es einzuordnen, die widersprüchlicher kaum sein können: Ein Defizit von knapp 13 Millionen im Haushaltsentwurf 2024 auf der einen Seite. Und eine prall gefüllte Ausgleichrücklage mit 35.6 Millionen auf der anderen Seite.

Also alles gut? Langsam. Zum einen: Verwaltung und Politik haben in den letzten Jahren gemeinsam und fraktionsübergreifend gut gewirtschaftet. Zum anderen: Die Rahmenbedingungen werden immer schwieriger: Die Einnahmen steigen zwar, aber nicht annähernd so stark wie die Aufwendungen, die wir als Kommune nicht beeinflussen können. Und für die es keine Gegenfinanzierung vom Bund oder Land gibt, etwa für die Tarifsteigerungen, für die Coronaauswirkungen, für OGS-Ausbau und Kindergartenneubau durch entsprechende Rechtsansprüche oder für steigende Sozialausgaben. Seit 2009 sind die Aufwendungen dieser Art um 104% gestiegen, die ordentlichen Erträge aber nur um 77.5%, also eine krasse strukturelle Unterfinanzierung.

Die mittelfristige Finanzplanung 2024-2027 zeigt, dass auch die weiteren Haushalte im Minus stehen und die Ausgleichsrücklage am Ende dieses Zeitraums bei unter 5 Millionen liegen wird. Also dann in einem kritischen Bereich, wo ein Haushaltssicherungskonzept durch die Bezirksregierung droht, wo wir nicht mehr selbst über unseren Haushalt bestimmen können. Das gilt es auf jeden Fall zu verhindern, sprich die Stadt weiter handlungs- und leistungsfähig zu halten.

Das Zauberwort Konsolidierung ist deshalb mit großer Dringlichkeit gemeinsame Aufgabe von Politik und Verwaltung in der Strategiekommission mit Beginn des neuen Jahres.

  • Konsolidierung: Haushaltsdisziplin. Wirtschaftlich, effizient und sparsam.
  • Konsolidierung: Weniger Ausgaben. Aber rund 90% sind Pflichtaufgaben. Bleiben lediglich etwa 10% des Haushaltes, die sogenannten freiwillige Leistungen – für den Sport, die Kultur, die Förderung der Wirtschaft oder für Umwelt und Natur. Was wollen wir streichen, was reduzieren? Das werden sicherlich schwierige Debatten!
  • Konsolidierung: Prioritäten setzen. Was sind jenseits der Pflichtaufgaben zentrale Projekte für eine gute weitere Entwicklung von Nettetal, damit unsere Stadt lebenswert bleibt? Orientierung geben die Leitziele der Stadt. Was können wir uns leisten, was besser nicht?
  • Konsolidierung: Mehr Einnahmen. Eine sehr moderate Erhöhung der Realsteuern wie von der Verwaltung vorgeschlagen wird von uns unterstützt, hat aber im letzten Haupt- und Finanzausschuss keine Mehrheit gefunden. Das hätte die Spielräume um mehr als 2 Millionen pro Jahr deutlich verbessert. Umso mehr stehen nun die anderen genannten Stellschrauben im Fokus.

Trotz Konsolidierung: Investitionen in die Zukunft Nettetals mit Priorität und Augenmaß bleiben weiter wichtig. So wie beim Kiependraegerbad in Breyell, das im Frühjahr eröffnet wurde. Investitionssumme mehr als 8 Millionen. Durch Schul- und Vereinssport sehr gut angenommen. Und weithin als ein Aushängeschild unserer Stadt wahrgenommen.

Das soll auch die Werner-Jaeger-Halle nach der Sanierung werden. Eröffnung Frühjahr 2025 geplant. Am Ende werden die Kosten wohl weit über 20 Millionen liegen. Viele hadern mit dieser Kostenexplosion, wir als Grünen-Fraktion auch. Gerade deshalb fordern wir, dass das Projekt jetzt zügig fertiggestellt wird. Mehr als 70% der genannten Summe ist mit Vergaben bereits vertraglich gebunden. Insofern gibt es kein Zurück mehr – und jede Verzögerung würde die Kosten weiter in die Höhe treiben.

Investieren in die Zukunft: Das ist auch die Umsetzung des Mobilitätskonzeptes. Es wird noch viele Jahre in Anspruch nehmen, durch weniger Autodominanz die Lebensqualität für uns alle in Nettetal zu erhöhen. Trotz großer Personalengpässe sind erste Maßnahmen in der Umsetzung: Querungshilfen, Parkraumsortierung, erste Fahrradvorrangstraßen oder die Vorfahrtsregelung für den Bahnradweg.

Investieren in die Zukunft: Für uns als Grünen-Fraktion heißt das mit großer Priorität, Nettetal bis spätestens 2040 klimaneutral zu machen. 2021 im Rat einstimmig so beschlossen, und es geht gut voran: Alle Flutlichtmaste wurden in diesem Jahr mit kommunalen Mitteln auf LED umgestellt und haben mehr als 60% weniger Energieverbrauch. Die Klimaschutzsiedlung Juiser Feld unserer Stadtwerke in Kaldenkirchen soll nächstes Jahr an den Start gehen. Eine Kommunale Wärmeplanung mit 90% Förderung zusammen mit Grefrath in Auftrag gegeben, damit sind wir Vorreiterkommunen im weiten Umkreis.

Und in die Windkraftnutzung kommt endlich Bewegung: Zwei größere Projekte in Leutherheide und im Kölsum werden Energiewertschöpfung nach Nettetal bringen: Für unsere Stadt, für unsere Stadtwerke und für die Stadtwerkekunden etwa in Form eines Bürgerstromtarifes. Oder über eine Energiegenossenschaft, für die wir uns mit Nachdruck im neuen Jahr einsetzen wollen.  Ein wichtiges Anliegen ist uns auch das neue Förderprogramm für Balkon-Photovoltaik. Ausdrücklich für Mieterinnen und Mieter, damit auch diese Zielgruppe Teil der Energiewende werden kann, die über kein eigenes Dach verfügt.

Beteiligungsmöglichkeiten schaffen – ein wichtiger Ansatzpunkt gegen Politikverdrossenheit und schlechte Wahlbeteiligung. Und gegen den Höhenflug der AfD, die alles nur schlecht redet, keine Lösungen anbietet, nur Feindbilder aufbaut, den Zusammenhalt torpediert und letztlich auch unsere demokratische Grundordnung. Wir sind sehr froh, dass wir über das neue Jugendforum nun ein Beteiligungsformat für junge Menschen mit eigenem Etat für Projekte haben. Zur Beteiligung von Klimaschutzinteressierten in unserer Stadt wollen im neuen Jahr einen weiteren Anlauf für einen Klimabeitrat starten.

Die Grünen-Fraktion stimmt dem Haushaltsentwurf 2024 einschließlich aller Anlagen zu. Wir bedanken uns bei allen, die an der Aufstellung beteiligt waren. Insbesondere bei unserem neuen Kämmerer Andreas Grafer und seinem Team. Auch für die neuen Ansatzpunkte, um den Haushalt noch transparenter zu gestalten. Vielen Dank!

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