Statement unserer Fraktion zum Wasserstoffantrag der CDU

Richtig ist: Grüner Wasserstoff, also Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, wird in der klimaneutralen Zukunft eine zentrale Rolle spielen, ist dabei eine Schlüsseltechnologie.


Zur Wahrheit gehört aber auch: Dafür brauchen wir erst einmal genügend erneuerbare Energien (EE), und davon sind wir noch meilenweit entfernt. Wir könnten schon viel weiter sein. In 16 Jahren CDU-geführter Bundesregierungen wurden die EE eher blockiert und gedeckelt. Und auch in Nettetal war von Klimaoffensive lange wenig zu sehen, wenn ich nur an die unselige Mehrheitsentscheidung denke, die Nabenhöhe des damaligen Bürgerwindrads in Hinsbeck an der Höhe des dortigen Kirchturms zu orientieren. In Zuge der im September 2021 einstimmig beschlossenen Klimaoffensive kommen wir nun endlich voran – was wir sehr begrüßen.


Wo stehen wir aktuell in Nettetal mit EE? 24% unseres Stromverbrauchs wurden im letzten Jahr in unserer Stadt mit EE erzeugt, genau 35.408.292kwh. Überwiegend durch Solar, viel weniger durch Wind – wo noch sehr viel Luft nach oben ist. 24% EE in Nettetal: Das ist weit unter dem Bundesdurchschnitt 2022 in Höhe von 46.2% – gerade einmal die Hälfte. Ausbauziel des Bundes bis 2030: 80% Anteil der EE am Bruttostromverbrauch.


Was heißt das für Nettetal? Bevor wir über grünen Wasserstoff aus und in Nettetal reden müssen wir erst einmal den Ausbau der EE in Nettetal mit hohem Tempo voranbringen und die vorhandenen Potentiale erschließen. Zum Beispiel jetzt bei den anstehenden Windenenergieprojekten aber auch im sonstigen Spektrum der Erneuerbaren wie Geothermie oder Abwärmenutzung.


Und erst einmal den Stromverbrauch auf EE umstellen, der durch den Hochlauf der E-Mobilität und durch den Einsatz von Strom zum Heizen – Stichwort Wärmepumpe – in Zukunft deutlich steigen wird. Erst dann können wir über die Erzeugung von grünem Wasserstoff in Nettetal sprechen, zumal es dabei in sogenannten Elektrolyseuren noch Umwandlungsverluste von 35-40% gibt.


Wofür wird grüner Wasserstoff dann vorrangig eingesetzt? Die Prioritäten werden beim Stahl, bei der Chemie und bei der Düngerproduktion liegen – und bei der Mobilität in den Sektoren Luft-, Schiff- und Schwerlastverkehr.


Und zum Heizen? Die CDU weckt mit ihrem Antrag die Hoffnung, dass das Nettetaler Gasnetz auf 100% grünen Wasserstoff aus Nettetal umgerüstet wird, keiner seine Gasheizung austauschen muss. Und erwartet dann sogar, dass auch in Neubaugebieten Gasnetze gelegt werden. Nach der Presseberichterstattung zum Antrag mit der Überschrift „Nettetal setzt voll auf Wasserstoff“ (RP 04.09.23) auf der ersten Seite des Grenzland-Kuriers gab es eine Menge Anfragen dazu bei unseren Stadtwerken. Kleiner Schönheitsfehler: Niemand von der CDU hatte mit den Stadtwerken jemals über den Antrag gesprochen. Übrigens auch nicht mit den anderen Fraktionen, was wir sehr bedauern.


Grüner Wasserstoff zum Heizen? Alle großen Studien, so auch die aktuelle Meta-Studie des Frauenhofer-Instituts mit der Auswertung von Energiesystemstudien im Auftrag des deutschen Wasserstoffrates, kommen zu einem eindeutigen Ergebnis: Grüner Wasserstoff wird erst ab 2040 in einem kleineren Umfang für Heizzwecke zur Verfügung stehen. Auch weil es dafür viel effizientere Methoden gibt. Es ist also weder sinnvoll noch wahrscheinlich, dass alle Gasverteilnetze vollständig auf grünen Wasserstoff umgestellt werden. Maximal Teilnetze z.B. in Gewerbegebieten.


Ja, grüner Wasserstoff ist eine Schlüsseltechnologie, für die wir aber erst einmal genügend EE haben müssen. Dafür gibt es noch viele Hausaufgaben zu machen – gerade in Nettetal, wo wir erst bei 24% stehen. Die Projektidee „#Nettetal.autark“ bis 2040 im CDU-Antrag ist also noch sehr viel Zukunftsmusik, zumal es dabei auch um die erneuerbare Wärmeversorgung geht, die gerade zusammen mit Grefrath beauftragt wird.


Gefordert wird eine Machbarkeitsstudie, die sich mit insgesamt 10 Fragestellungen beschäftigen soll. Die zentrale Frage ist Spiegelstrich Nr. 4, aus deren Beantwortung sich alle weiteren Fragestellungen ergeben:


„Welche Potentiale erneuerbaren Energien lassen sich in Nettetal mittels Wind- und Solarenergie heben und welcher Anteil davon kann maximal zur Wasserstoffproduktion genutzt werden?“


Wir würden das gerne technologieoffen sehen: Geothermie oder auch Abwärme z.B. aus dem Kanalnetz oder industrieller Nutzung sind hier mit einzubeziehen.

Insofern können wir dem Beschlussvorschlag folgen, erst einmal in einer Machbarkeitsstudie die Grundlagen zu ermitteln, und alle weiteren Fragen erst einmal zurückstellen. Um das im Beschluss noch deutlicher herauszustellen, möchten wir folgende Ergänzung vorschlagen:


Die Verwaltung wird beauftragt, eine Machbarkeitsstudie zu den Potentialen der Erneuerbaren Energien in Nettetal durchzuführen, die sich mit der Realisierbarkeit der Konzeptidee einer Wasserstoffinfrastruktur zur Selbstversorgung mit Erneuerbaren Energien befasst.

Noch eine abschließende Bemerkung: Gerade bei den großen Themen Wasserstoff und Geothermie ist es wichtig, den Blick auch über Nettetal hinaus zu richten. Auf der Euregio-Konferenz für Ratsmitglieder am 28.10. in Tegelen ist die Idee für eine Interreg-Studie „Klimaneutrale Grenzregion“ entstanden. Schon im Dezember soll es dazu ein weiteres Treffen geben.


Eine solche Interreg-Studie ließe sich mit einer entsprechenden Nettetaler Machbarkeitsstudie sinnvoll ergänzen. Unser gemeinsames Ziel eines klimaneutralen Nettetals bis 2040 (und wenn möglich sogar eher) kann in einem gemeinde- und grenzüberschreitenden Kontext sicherlich deutlich einfacher erreicht werden. Also Nettetaler Machbarkeitsstudie ja, aber weit wichtiger dann darauf aufbauend eine grenzüberschreitende Euregio-Studie.

Hier geht es zur PDF-Version