Bundesweiter Protest gegen verfehlte Gesundheitspolitik

Am 16. Juni, findet die jährliche Gesundheitsministerkonferenz statt.

Aufgrund der Pandemie hat diesmal Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die GesundheitsministerInnen der Länder zu einer Videokonferenz eingeladen. Die Gewerkschaft ver.di hat heute zu bundesweiten Protesten gegen eine aus ihrer Sicht verfehlte Gesundheitspolitik aufgerufen. Auch unsere OV-MitgliederInnen aus der Pflege und den Care-Berufen haben wenig Gutes über die Amtszeit von Jens Spahn zu berichten.

Stefan Russmann (Stellv. Pflegedienstleitung im Nettetaler Krankenhaus und 1. Stellv. Vorsitzender im Nettetaler Ausschuss für Soziales, Gesundheit und Inklusion):

16 Jahre CDU, 4 Jahre Ankündigungsminister Jens Spahn. Für uns Pflegekräfte viele Versprechungen, aber keine wirklichen Schritte nach vorne. Immer noch keine verbindliche Personalbemessungsinstrumente für Altenheime und Krankenhäuser; immer noch steht die Gewinnoptimierung im Vordergrund. Gesundheitsversorgung und gute Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte sind aber Aufgaben der Daseinsvorsorge! Auch für das Gesundheitswesen: In der Pflege ist dringlich ein Politikwechsel notwendig.

Martina Derpmanns (Ortsverbandsvorsitzende und Gesundheits- und Krankenpflegeassistentin):

Was passiert denn da? Ich dachte jede Hand in der Pflege wird dringend benötigt? Warum werden die einjährigen Pflegekräfte in Bezug auf die Personaluntergrenzenverordnung nur zu 10 % angerechnet? Wir brauchen alle Hände in der Pflege und nicht nur 10 % einer Hand.

Warum gibt es weiterhin Ungewissheit und bürokratische Hürden bei der Refinanzierung von mehr Personal in den Krankenhäusern und Heimen? Einige Krankenhäuser müssten für mehr Personal in „Vorklasse“ gehen. Welcher Träger kann das denn? Pflegeheime dürfen erst mehr Personal einstellen, wenn sie den vorgegebenen Stellenschlüssel erfüllen. Man sollte annehmen, wenn sie den Stellenschlüssel erfüllten, bräuchten sie auch nicht mehr Personal.

Als Quereinsteigerin aus der Pädagogik habe ich eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegeassistentin im letzten Jahr beendet. Das war spannend und motivierend. Pflegen ist ein schöner Beruf, doch welcher Personalmix hat auf Dauer eine Zukunft? Warum gibt es noch immer keine klaren gesetzlichen Personalbemessungsvorgaben?

Die Pandemie zeigt uns gerade, wo die Schwachstellen im System der Pflege sind. Einige Refinanzierungsvorgaben der Regierung bedeuten für die Träger in der Pflege eine wahre Sisyphusarbeit. Der Teufel steckt im Detail.

Björn Rudakowski, Pflegefachkraft und Kreistagsmitglied – Sprecher für den Fachbereich II (Soziales)

Alle machen Fehler: Herr Spahn sitzt seine jedoch mit an Arroganz grenzender Gelassenheit aus. Jetzt, nach Masken- und Impfpannen: Keine flächendeckenden Tarife in der Altenpflege. Jens Spahn deckt den großen privaten Wirtschaftskonzernen auf dem Sozialmarkt den Tisch. Ab 2022 könnten private Träger in der Altenpflege mit Pseudogewerkschaften zweifelhafte Haustarife abschließen. Die Kirchen schwächeln und die Kommunen am Limit. Nochmals Spahn im Bundesgesundheitsministerium und meine Berufsgruppe wird von den wirtschaftlichen Interessen der Träger zerrieben. 

Bild v. L.: Stefan Russmann, Lea Derpmanns, Guido Gahlings, Björn Rudakowski, Martina Derpmanns